Individualreise Nördliches Ostpreussen

Helga Bünte, Bremerhaven, im Juni 2005

 

Am Samstag, den 28.05.005, morgens um 4 Uhr, begann meine Reise mit Holger nach Kleinmark Ostpreußen. Mein Zug fuhr schon um 4 Uhr 33 von Bremerhaven ab und war um 7 Uhr in Hamburg. Hier habe ich mich mit Holger getroffen, der ja von Sylt kam. Nun konnte unsere gemeinsame Reise beginnen. Zuerst ging es zum Flugplatz, wo unsere Maschine nach Polangen um 10 Uhr startete. Der Flug verlief ruhig und entspannt. Um 13 Uhr landeten wir mit einer Stunde Zeitverschiebung in Polangen. Hier erwartete uns schon unser Reiseleiter Eduard Politiko vom Adebar-Reiseteam mit seiner Frau Lena bei schönstem Sommerwetter. Die beiden waren uns gleich sehr symphatisch, was uns auch in den nächsten Tagen immer wieder bewusst wurde. Ich will vorweg sagen, das ich schon vorher unsere Reise mit ihm geplant und besprochen hatte. Somit hatte ich ein gutes Gefühl. Ich bekam seine Adresse von Hannelore Kubel und würde ihn jederzeit weiter empfehlen. Also, wir fahren bequem in einem kleinen Bus durch die litauische Landschaft bis kurz vor der Luisen Brücke in Tilsit. An der Grenze dauerte es fast 1 Stunde, bis wir abgefertigt wurden. Zuletzt bekamen wir Hunger und haben unsere mitgebrachten Brote gegessen. Etwa um 18 Uhr waren wir endlich im Hotel Rossija in Tilsit. Eduard hat uns angemeldet und sich unsere Zimmer mit an gesehen. Wir haben ein Schlafzimmer, die Betten sind getrennt, ein kleines Wohnzimmer, Bad mit Wanne und Toilette extra und Flur, außerdem einen Balkon. Alles in allem sauber und schön.

Um 19 Uhr gab es Abendessen. Es gab Salat, eine Suppe, das Hauptgericht war Nudeln mit Hähnchenbrust. Es hat alles gut geschmeckt. Wir waren total erschöpft, sind aber trotzdem noch ein bisschen spazieren gegangen und haben uns die nähere Umgebung angeschaut .Eine ganz andere Atmosphäre wie bei uns. Einfach, eine andere Welt! Dann machte sich unsere Müdigkeit bemerkbar. Nach einem erholsamen Bad ging es ins Bett. Haben die erste Nacht gut geschlafen.

Am Sonntag den 22.5. stehe ich schon früh auf. Ich glaube, es macht die Aufregung, denn heute geht es nach Kleinmark. Um 8 Uhr gibt es Frühstück, das wirklich reichhaltig war. Um 9 Uhr 15 holt Eduard uns ab. Zuerst fahren wir zum Markt. Wir haben uns gewundert ,was es dort alles gibt, modern, und preiswert. Außerdem konnte man in einer großen Halle jede Menge Fleisch, Fisch und Käse kaufen. Es war schon interessant, dem Treiben dort zuzusehen. Aber in Gedanken war ich schon in Kleinmark. Dann ist es soweit, es geht durch Ragnit, wo mir schon vieles bekannt vorkam. Zum Beispiel das Krankenhaus und den Mühlenteich. Wir haben dann an der Burgruine Halt gemacht und uns diese angeschaut und fotografiert.

Dann habe ich Holger den Marktplatz gezeigt .Danach ging es über Tusseinen, durch Angerwiese nach Kleinmark. Eduard wartet in seinem Bus auf der Chaussee. Wir laufen über die Weiden und suchen als erstes den Dorfweg. Dann gehen wir zu dem Teich, der an Naujoks Grenze und unser Land liegt, wo auch wieder Bilder gemacht werden. Unser nächstes Ziel ist Endrunats Erdkeller. Wir gehen einfach den Kanal entlang und werden fündig. Ja, er steht noch genau so wie vor 10 Jahren. Hier wird natürlich auch fotografiert, denn Gerhard und Erwin sollen doch sehen, daß wir dort waren. Dann machen wir uns auf die Suche nach unserem Grundstück. Wir finden auf der alten Dorfstraße, die man an den Bäumen und zu beiden Seiten kleine Gräben erkennen kann, die Auffahrt zu unserem Grundstück. Sind dann etwa 60 bis 70 große Schritte ins Land gegangen. Ich denke, in dieser unmittelbaren Nähe muß unser Grundstück gestanden haben. Wir haben wieder Aufnahmen gemacht und nach Spuren gesucht, aber nichts gefunden. Ich bin innerlich so angespannt, daß mir das gar nicht richtig bewusst erscheint, das ich auf diesem Platz geboren bin und 11 Jahre lang meine Kindheit erlebt habe. In Richtung Reimers, wo man auch noch den kleinen Teich erkennen kann, ging's dann weiter nach rechts, wo ich den Friedhof vermute. Aber auch hier keine Spuren zu finden. Auf dem Wege zur Chaussee sah ich eine Auffahrt vom Land zur Strasse. Ich denke, es ist die Auffahrt, wo wir immer zur Schule gegangen sind. Holger hat das alles sehr beeindruckt. Er meint, das dieses Land ein schöner ruhiger Platz ist. Mit diesen Eindrücken sind wir zurück zum Auto gegangen, vorbei an Urmoneits Endrejats und Beckers. Hier habe ich auch ein paar Bilder gemacht. Dann hatten wir so richtig Hunger und Eduard ist mit uns nach Untereißeln gefahren, wo es ein nettes Lokal gab. Das Essen war gut und preiswert.

Danach noch durch die schöne Landschaft an die Scheschuppe gefahren, wo wir wieder Bilder gemacht haben. Auf dem Rückweg nach Tilsit machten wir in Ragnit Halt und sind ein Stück an der Memel entlang gegangen. Es war einfach schön. Gerne wäre ich hier an diesem schönen Ort noch weiter gelaufen, aber dazu war die Zeit zu kurz. So kamen wir noch rechtzeitig um 19 Uhr zum Abendessen im Hotel an. Nachdem wir uns gestärkt und etwas ausgeruht hatten, noch ein Spaziergang und zwar zum Bahnhof, den wir auch gefunden haben. Das Wetter war schön und auf den Strassen war richtig noch was los. Danach hat mir ein schönes Bad gut getan. Holger hat sich das Treiben auf dem großen Platz vor unserm Hotel vom Balkon an gesehen. Er fand es interessant, weil so viele Leute auch abends noch mit Plastiktüten liefen.

Am Montag sind wir gleich nach dem Frühstück mit Eduard aufgebrochen. Heute war Königsberg und Rauschen auf dem Plan. Die Fahrt ging über Heinrichswalde, Kreutzingen an Tabiau vorbei Richtung Königsberg. Hier sieht man links und rechts soweit das Auge sehen kann, nur saftige, grüne Wiesen. Die Dörfer sind alle verschwunden. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. In Königsberg kamen wir gleich in einen Stau. Die Straßen waren verstopft wegen der vielen Baustellen. So konnten wir das Bernsteinmuseum nicht besichtigen, weil es weit und breit keinen Parkplatz gab. Sind weiter gefahren zum Emanuel Kant-Denkmal und weiter zum Dom. Hier drin befand sich ein Emanuel-Kant Museum, das wir besichtigt haben.

In Königsberg wohnen zur Zeit noch 45000 Einwohner. Von früher ist hier nicht viel übrig geblieben, aber es wird viel gebaut. Dann ging es weiter nach Rauschen. Leider ist die ganze Landschaft auch hier fast nur Wiese, etwas Raps, doch nur wenig Ackerland. Rauschen ist sehr schön. Es gibt eine Steilküste. Da kann man auch mit dem Fahrstuhl runter fahren, wir sind aber zu Fuß gegangen. Ganz dicht an der Stand Promenade wurde gerade ein tolles Hotel gebaut, das wohl bald eröffnet wird. In einem kleinen Restaurant konnten wir unseren Hunger stillen. Für 3 Personen haben wir knapp 10 Euro bezahlt. Der Strand ist wunderschön. Sind noch spazieren gegangen und haben fotografiert. Sind mit dem Fahrstuhl wieder nach oben gefahren. Konnten das Strandtreiben von oben anschauen. Haben uns noch ein bisschen den Ort angeschaut, dann die Heimfahrt angetreten. Um 19 Uhr 30 waren wir im Hotel noch rechtzeitig zum Abendessen. Wir waren auch von morgens 9 Uhr bis abends 19 Uhr 30 unterwegs. Zum Abendessen gab es Tomatensalat mit Meerrettich, eine leckere Gemüsesuppe Gulasch mit Reis, 1 Apfel und 1 Glas Tomatensaft. Also, man kann nicht meckern. Das Wetter war wieder sehr schön, im Auto fast zu warm. Trotzdem wir müde sind, gehen wir nach dem Essen noch in den nahe gelegenen Supermarkt, haben gestaunt, wie viel man für 4,50 Euro alles bekommt.

Am Dienstag beginnt wieder ein schöner Tag. Gleich nach dem Frühstück machen wir einen Spaziergang zum Park Jakobsruh. Früher war es ein beliebter Ausflugsort. Wir haben das entspannte Leben und Treiben dort genossen. Schon morgens sagte ich zu Holger, "ich muß noch einmal nach Kleinmark". Dann kamen wir auf die Idee, dort auf unserer Wiese ein Picknick zu machen. Ausgerüstet mit beschmierten Brote, Obst, Kaffee und einer Wolldecke starteten wir um 11 Uhr mit Eduard. Zuerst fuhr er uns durch die Jägerstrasse in Tilsit, wo meine Tante Auguste gewohnt hat. Doch das Haus steht nicht mehr. Dann ging es weiter nach Ragnit, zur Danziger Strasse, wo unsere Tante Marta wohnte. Eduard kennt jeden Winkel der Stadt. Katastrophal waren die Strassen dahin. Ein Schlagloch nach dem anderen. Das Auto musste wirklich was her halten. Wir haben das Haus gefunden und paar Aufnahmen gemacht. Es sah recht gepflegt aus. Und weiter ging es nach Kleinmark, wo wir unser Picknick starten wollten. Leider machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Es fing richtig an zu gießen und wir mussten unser Picknick im Auto machen, was wir sehr bedauerten. Ich wäre gerne barfuss im Gras gelaufen, um das Gefühl aus der Kindheit noch mal zu spüren. Zumindest waren wir erst mal gesättigt. Dann hat Holger mich mit einer tollen Aktion überrascht. "Wir sollten hier an diesem Ort uns an alle erinnern, die hier gelebt und mit der Familie verbunden waren!" Dazu hatte er eine Idee. Für jede Person hatte er eine Karte mit dem Namen beschriftet. Es waren genau 18 Stück. Sogar an die Tiere wurde gedacht. Die Karten hatte er mit gebracht, doch beschriftet hat er sie dort vor Ort im Bus auf der Chaussee, während es draußen regnete. Ich musste sie alle beim Namen nennen, wusste aber noch nicht, wie die Aktion weiter gehen soll. Weil es immer noch goss und der Himmel voller Wolken war, riet uns Eduard, erst mal nach Breitenstein zu fahren. Da gibt es ein schönes Ostpreußen-Heimatmuseum unter der Leitung des Schuldirektors Juri Unserzow. Wir wurden sehr freundlich empfangen und Jury zeigte uns voller Stolz sein Lebenswerk. Es ist wirklich erstaunlich, wie viel der Jury von der Geschichte der näheren Umgebung wusste und mit wie viel Begeisterung er seinem Hobby nach ging. Unter den vielen Ordnern fanden wir auch ein Schriftstück über Kleinmark.

Holger war begeistert, das sein Urgroßvater und Großvater einst mal Bürgermeister und Pferdezüchter waren.

Der Regen hatte mittlerweile aufgehört und wir machten uns auf den Weg nach Hause .Auf der Rückfahrt steuerten wir noch mal Kleinmark an. Es regnete zwar nicht, aber es war sehr windig. Jetzt im nassen Gras barfuss zu laufen, erschien mir doch zu ungemütlich. So nahmen wir die bedruckten Karten und befestigten sie mit Klebeband und viel Liebe an einem Baum, der genau an der Zufahrt zu unserm Hof stand. Ich war sehr beeindruckt von der Sache. Wir haben natürlich alles fotografiert. Als wir die Aktion beendet hatten, war ich ziemlich erschöpft und wir gingen zufrieden zum Auto. Kamen pünktlich im Hotel zum Abendessen an. Danach gehen wir noch mal zum Einkaufscenter und kaufen ein paar Sachen für die Fahrt nach Nidden. Im Hotel packen wir die Koffer. Damit ist unsere Mission in Tilsit beendet, denn morgen geht die Reise weiter nach Nidden.

Am Mittwoch, den 25.5. um 9 Uhr Abfahrt von Tilsit. Über Heinrichswalde, Kreutzingen, an Königsberg vorbei, bei Cranz fuhren wir auf die Kurische Nehrung. In Sarkau machten wir Halt und gingen zum Strand. Von hier aus rief ich eine Bekannte an, die hier geboren ist. Sie hat sich sehr gefreut. Dann ging es weiter durch Rositten über die Grenze ins litauische Gebiet. Die Grenze passierten wir schnell und problemlos. Um 16 Uhr sind wir in Nidden im Hotel Jurate.

Das Wetter war wieder super. Dann machten wir uns gleich auf zu den Dünen, fanden sie auch gleich. Es war ein herrlicher Spaziergang, wir haben vieles gesehen. Am Haff entlang ging es zurück zum Hotel zum Abendessen, das reichlich und gut war. Es war schön, daß das Hotel dicht am Haff war. Nach dem reichhaltigen Essen tat ein bisschen Bewegung am Wasser sehr gut. Hier gab es viel Interessantes zu sehen. Es wurden Drehaufnahmen für den Film "Störteboecker" gemacht. Dafür lag ein altes Schiff im Hafen. Schauspieler liefen in ihren Kostümen herum. Für uns ein unbekanntes Treiben. Um 22 Uhr war der Tag für mich zu Ende. Holger ging noch in einem kleinen Restaurant ein Bier trinken.

Donnerstag, den 26.5.

Wir haben gut geschlafen und machen uns nach dem Frühstück gleich wieder auf Entdeckungstour. Zuerst besuchen wir ein Bernstein-Museum. Die junge Frau hat uns von der Geschichte des Bernsteins und wie er entstanden ist, erzählt. Dann konnte man vor allen Dingen kostbaren Schmuck anschauen und natürlich auch kaufen.

Weiter ging es zum Ostsee-Strand. Sind dort ein ganzes Stück am Wasser entlang gelaufen.

Um 13:30 Uhr waren wir im Hotel und haben auf dem Zimmer etwas gegessen, was wir in Tilsit eingekauft hatten. Nach dem Strandspaziergang machte sich die Müdigkeit bemerkbar. Konnten darum eine Stunde Mittagspause gebrauchen. Gut ausgeruht, ging es zu einem Kunst-Zentrum und anschließend zum Thomas Mann-Haus. Das liegt richtig traumhaft. Man schaut von oben auf das Haff. Leider konnten wir nicht mehr ins Museum, weil es schon geschlossen war. Aber ein paar Aufnahmen haben wir gemacht. Nach dem Abendessen ging es noch mal zum Haff in das kleine Restaurant. Hier gab es ein leckeres Eis und wir machten uns Notizen von unseren Reise, was mir jetzt zugute kommt.

Freitag der 27.5.

Das Wetter ist immer noch schön. Was haben wir da bloß für ein Glück. Heute ist der letzte Tag in Nidden und unser Urlaub nähert sich dem Ende zu. Nach dem Frühstück machen wir noch einmal einen Spaziergang zu den Dünen. Es ist herrlich, aber auch anstrengend im Sand zu laufen. Wir genießen noch mal das schöne Panorama und kehren ins Hotel zurück. Packen unsere Sachen und um 12 Uhr kommt das Taxi, das uns nach Polangen fährt, wo wir noch eine Nacht im Hotel übernachten. Die Fahrt von Nidden nach Polangen dauerte eine Stunde und 30 Minuten. Polangen liegt auch an der Ostsee und hat einen schönen Strand. Hatten noch Zeit zum Strand zu gehen. Hier liefen viele Touristen.

Um 15 Uhr 30 essen wir eine Kleinigkeit. Dann zum Hotel. Ich lege mich ins Bett und ruhe mich aus. Bin richtig durchgefroren. Der Wind war frisch und ich hatte nicht die richtige Kleidung an. Holger hat sich alleine die Gegend angesehen. Nach dem Abendessen gehen wir im Park spazieren, in einer kleinen Kneipe sitzen wir gemütlich zusammen und lassen unseren gemeinsamen Urlaub in Ostpreußen ausklingen.

Samstag, den 28. 5.

Morgens früh um 6 Uhr 45 bringt uns ein Taxi zum Flugplatz. Das Wetter ist immer noch schön.

Der Flieger startet pünktlich um 8 Uhr 20 und landete 2 Stunden später sicher in Hamburg. Nun meine Lieben, hiermit möchte ich meinen Bericht beenden. Ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt,

und verbleibe herzlichst

Eure Bünte