Gibt es so etwas wie Wurzeln?

Autorin der Redaktion bekannt, Juli 2009

Jahrelang war ich hin und her gerissen zwischen Neugierde und Furcht, ob ich doch die Heimat meiner Vorfahren aufsuchen sollte. In all den Jahren fühlte ich eine tiefe Sehnsucht, verwoben mit einer großen Sprachlosigkeit, die meine Eltern, beide Großmütter und auch andere Familienmitglieder ausstrahlten. Nein, zu Hause waren sie nicht, dort wo wir nun all die Jahrzehnte wohnten. Und auch ich vermisste etwas, auch hatte ich keine Idee was das war.

So ließ ich mich auf eine Reise in das Ungewisse ein: Königsberg, Tilsit, Rauschen, Karkeln, die Kurische Nehrung und Umgebung zu besuchen. Fremderweise erfasste mich dort ein Gefühl des Erkennens, auch war ich noch nie hier gewesen. Ich sah dieselben Häuser, ging durch dieselben Strassen, badete in der Ostsee, suchte am Strand nach kleinen Bernsteinstücken, fuhr durch wunderbare Alleen und ließ mir den Wind auf den großen Dünen der Kurischen Nehrung um die Nase wehen. Voll Traurigkeit sah ich die Kirchen, zweckentfremdet, ihrer Ausstrahlung beraubt. Und doch, jedes noch erhaltene Gebäude gibt auch wieder Hoffnung auf Besinnung. Heimat, das ist da, wo unsere Seele ihre Ruhe findet. Vielleicht sitzt es doch verankert in unseren Genen, nennen wir es auch Herz. Zaghaft, kaum sichtbar, fühle ich nun auch bei mir eine kleine Wurzel: ich war endlich zu Hause!